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Burnout

Um zielgerichtete Veränderungen einzuleiten analysieren Ergotherapeut:innen bei Burnout die Ebenen Mensch und Arbeit Das Burnout-Syndrom gehört zu dem Feld psychischer Erkrankungen, die weiterhin stark auf dem Vormarsch sind, Arbeitsausfälle verursachen und einen hohen Kostenfaktor darstellen. „Die derzeit angelegten Studien, die als Grundlage für eine standardisierte Diagnostik, Bewertung und Therapie von Burnout als Erkrankung dienen, sind noch nicht vollständig abgeschlossen“, klärt Anke Schreiner, Ergotherapeutin im DVE (Deutscher Verband Ergotherapie e.V.) über den derzeitigen Stand der Wissenschaft auf. Dass Burnout dennoch behandelt werden muss und behandelt wird, steht außer Frage. Ergotherapeut:innen sind darauf spezialisiert, auf Probleme, die Menschen in ihrem Alltag durch Krankheiten oder Krisen haben, einzugehen und diese gemeinsam mit den Betroffenen zu lösen. Dieses Vorgehen führt oft auch unabhängig von der Diagnose zum Erfolg.

Die heutige Arbeitswelt ist häufig geprägt von Zeit- und Leistungsdruck, engen Finanzkorsetts und Sparmaßnahmen. Das alles führt bei vielen Beschäftigten zu Stress. Burnout ist ein arbeitsbezogenes Syndrom, das durch chronischen Stress am Arbeitsplatz entsteht. „Es ist ein Zusammentreffen von Arbeitsplatzbedingungen und der jeweiligen Persönlichkeitsstruktur, die Menschen in einen Burnout treibt oder eben auch nicht“, stellt die Ergotherapeutin Anke Schreiner fest und nennt die drei Hauptdimensionen bei Burnout: Außer ihrer emotionalen Erschöpfung leiden betroffene Personen an immenser Müdigkeit, durch die sie sich ausgelaugt und überfordert fühlen. Außerdem zeigt sich ein zunehmendes Distanzieren von der Arbeit, immer mehr Gleichgültigkeit, eine zum Zynismus neigende negative Haltung gegenüber dem Job und den damit verbunden Aufgaben. Als drittes Zeichen ist eine abnehmende Leistungsfähigkeit festzustellen. „Menschen mit Burnout klagen darüber, dass sie plötzlich Konzentrationsschwierigkeiten haben, ihre Arbeitsprozesse nicht mehr sauber umsetzen können oder – wenn der Burnout seinen Höhepunkt erreicht – sie sich wie gelähmt fühlen und morgens nicht mehr aufstehen können; es hat eine innere Vollbremsung auf Null gegeben“, schildert die Ergotherapeutin Anke Schreiner die Erfahrungen aus ihrer Praxis und der Arbeit in Unternehmen.

Woher kommt der Burnout? Ergotherapeut:innen starten mit der Analyse Ergotherapeut:innen beleuchten mithilfe von Assessments – das sind ausgeklügelte, tiefgründige Fragen und Erhebungen – die unterschiedlichen Ebenen ihrer Klient:innen. „Das von mir bevorzugte Modell ist MOHO (Model of human occupation), weil es zum einen auf den Menschen und zum anderen auf die Umweltfaktoren eingeht, also genau die Aspekte, die bei Burnout eine Rolle spielen“, sagt Anke Schreiner. Auf der Ebene des Menschen geht es beim MOHO zum Beispiel um das Selbstbild, eigene Werte und Interessen. „Sind die Werte etwa: „wenn man was schafft, dann ist man wer“ oder „ich bin immer hilfsbereit“ und diese Werte werden übertrieben gelebt, dann hat diese Person per se die Voraussetzungen, sich irgendwann in einen Burnout hineinzumanövrieren“, so die Ergotherapeutin. Auch perfekt sein zu wollen oder zu denken, dass es nur Anerkennung gibt, wenn man gute Leistungen bringt, sind häufig anzutreffende Glaubenssätze vor einem Burnout. Gekoppelt mit der Ebene der Habituation, die die Gewohnheiten und Rollen betrachtet, und der Ebene der Umwelt – also in diesem Fall das Unternehmen und die Arbeit – können Ergotherapeut:innen Rückschlüsse auf das Grundmuster ziehen. Um das Gesamtbild zu vervollständigen, fragen Ergotherapeut:innen ihre Klient:innen mit Burnout unter anderem, wie und wie viel sie arbeiten, ob es immer wieder zu Überstunden kommt, wie die persönliche Erwartungshaltung ist, wie sie sich definieren, wann sie zufrieden oder sogar glücklich sind, wobei sie Spaß haben und wie die private Einbindung ist, also gibt es Familie, Freunde, und so weiter.

Menschen mit Burnout aus dem Hamsterrad holen: Ergotherapeut:innen machen Verzerrungen sichtbar „Ebenso wichtig für die Beurteilung der Persönlichkeitsstruktur ist es herauszufinden, ob jemand Grenzen setzen kann, ob er oder sie Grenzen überhaupt merkt, für sich einstehen und auch „nein“ sagen kann, wenn es darum geht, die eigenen Interessen und Bedürfnisse zu verfechten und wie das Miteinander im Unternehmen ist und ob er oder sie sich wertgeschätzt fühlt“, führt die Ergotherapeutin Anke Schreiner weiter aus, auf welcher Basis sie und ihre Berufskolleg:innen mit Menschen mit Burnout arbeiten, nämlich sowohl mit differenziertem als auch mit ganzheitlichem Blick. Menschen mit einem Burnout sind auf der Überholspur unterwegs, haben tausend Ziele und überholen am Ende ihre innersten Bedürfnisse und sich selbst mit einem Anspruch, den sie nie werden erfüllen können, weil sie durch ihr Verhalten auf Dauer schaffensmüde werden. „Ergotherapeut:innen führen Menschen mit Burnout langsam von der Überholspur weg“, erklärt Anke Schreiner. Denn: Menschen mit Burnout fühlen sich äußerst belastungsfähig, versuchen vermeintliche Inkompetenzen anderer oder Krankheitsfälle aufzufangen – sie können ja meist nicht „nein“ sagen – verschieben sogar den eigenen Urlaub und schrauben sich immer weiter nach oben in der Spirale, übernehmen immer mehr Verantwortung für Dinge, für die sie nicht verantwortlich sind.

Arbeit in Unternehmen: dank ergotherapeutischem Coaching konsensorientierte Wege finden Die Ergotherapeutin Anke Schreiner berät neben ihrer Praxistätigkeit Unternehmen. Vordergründig ist ihre Arbeit Teil des Betrieblichen Gesundheitsmanagements. Dahinter verbergen sich meist Gründe wie hohe Krankheitszahlen, starke Fluktuation oder weil entsprechende Analysen und Mitarbeiterbefragungen wie etwa COPSOQ (eine Befragung zu psychischen Belastungen am Arbeitsplatz) zeigen, welches Gefährdungsrisiko für das Personal besteht. Der Schwerpunkt von Schreiner liegt auf der Prävention von Burnout. Dabei setzt sie gerne eine weitere Form des Assessments ein: Beobachten. Das bringt Verhaltensmuster ungefiltert zutage. „Am besten geht das in der Gruppe“, findet die Ergotherapeutin „denn hier zeigt sich, wie ein Mensch an eine Aufgabe herangeht. Ist er zufrieden mit dem Resultat oder meint er, es immer noch besser zu können? Oder macht er alles alleine und bindet andere nicht mit ein?“ Selten sind sich die Betroffenen dieser Muster bewusst, daher gibt es im Anschluss Einzelsitzungen, um in der Reflexion aufzuzeigen, was der Ergotherapeutin aufgefallen ist. Sie fragt, ob das weiter so bleiben, oder ob sich etwas ändern soll, beziehungsweise ob es einen Hinderungsgrund gibt, etwas zu verändern. Sehen und erkennen, wie verzerrt die Lage ist, weil es einem beispielsweise schwerfällt, die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und umzusetzen, ist der erste wichtige Schritt zur Veränderung. Als nächstes geht es daran, SMART Ziele zu definieren. SMART bedeutet spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminiert, also nicht einfach: „ich will es anders“, sondern konkrete Absichten, wie etwa bei der nächsten Situation, in der ich mich zu etwas überreden lasse, „nein“ zu sagen. Wichtig ist, dass dabei klar wird, dass es nicht um Arbeitsverweigerung geht, sondern um das sachliche Aufzeigen von Fakten, Ressourcen und Zielen wie Qualität statt Quantität.

Fortbildung für Ergotherapeut:innen: mehr Fachkompetenz für weniger Burnout Die Ergotherapeutin zeigt Veränderungspotenzial auf und wie Verbesserungen gelingen können. Sie berichtet von Erfolgen, die durch aufeinander zugehen, gemeinsames Brainstorming und Lösungen finden mit dem Team und der Team- oder der Geschäftsleitung entstehen können. Ihre Erkenntnisse, Erfahrungen und wie sich solche Erfolge erzielen lassen, vermittelt Anke Schreiner im Rahmen der Akademie des DVE interessierten Ergotherapeut:innen, die sich weiter spezialisieren wollen. In den Fortbildungen zum Thema Burnout erfahren Teilnehmende alles Grundlegende zum Burnout-Syndrom, wie es sich abgrenzen lässt und wie ergotherapeutische Behandlungsangebote für Einzel- und Gruppentherapien aussehen können. Eine Maßnahme, um den steigenden Zahlen von Menschen mit Burnout sowohl präventiv als auch kurativ etwas entgegenzusetzen.

19.12.2024 DGA | Quelle: Deutscher Verband Ergotherapie e.V.

Physiotherapie bei Kopf- und Nackenbeschwerden

Kopfschmerzen, Migräne aber auch Schmerzen im Nacken können unterschiedliche Ursachen haben – eines haben sie allerdings gemeinsam: Sie sind unangenehm und schränken die Lebensqualität des Betroffenen ein. „Bei vielen Schmerzen im Kopf- und Nackenbereich kann Physiotherapie helfen und ein wichtiger Teil der Behandlung sein“, erklärt Ute Repschläger, Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands selbstständiger Physiotherapeuten. In Physiotherapiepraxen sind diese Beschwerdebilder ein häufig nachgefragtes Thema. „Je nachdem, welche Schmerzen der Patient hat, gibt es ganz unterschiedliche Herangehensweisen in der Therapie. Die Therapeuten in unseren Mitgliedspraxen wissen, wie Patienten mit Kopf- und Nackenschmerzen am besten zu behandeln sind“, so Repschläger. Um herauszufinden, welche Vorgehensweise bei der jeweiligen Diagnose angemessen ist, wird vor jeder Physiotherapie eine Befundung/Diagnostik durch den behandelnden Therapeuten durchgeführt.

Wie Physiotherapie bei Kopf- und Nackenschmerzen helfen kann und welche Therapieform dabei die richtige ist, erfahren Sie in der folgenden Patienteninformation:

Beschwerden im Kopf- und Nackenbereich können unterschiedliche Ursachen haben. Viele werden mit Physiotherapie wirkungsvoll behandelt. Häufige Funktionsstörungen im Kopf- und Nackenbereich sind beispielsweise Kopfschmerzen oder Migräne, Schulter-Nacken-Schmerzen oder ein Bandscheibenvorfall.

Die Ursachen für diese Funktionsstörungen können sehr vielfältig sein. So können beispielsweise eine ungünstige Haltung bei der Arbeit am Computer oder Überkopfarbeiten Kopf- und Nackenschmerzen auslösen. Auch Stress kann ein Auslöser sein. Außerdem kann durch das Alter bedingter Verschleiß Beschwerden in der Halswirbelsäule begünstigen.

Symptome

Die Symptome bei Funktionsstörungen im Kopf- und Nackenbereich können verschieden ausgeprägt sein. Häufig treten Schmerzen und Bewegungseinschränkungen auf, die unterschiedlich stark sein können. Bei Bandscheibenvorfällen kann es zudem beispielsweise zu einer Ausstrahlung der Schmerzen in den Arm kommen oder es können Taubheitsgefühle entstehen.

Physiotherapeutische Behandlungsmöglichkeiten

Physiotherapie kann helfen, die Beschwerden zu lindern oder vollständig zu beseitigen. Vor jeder physiotherapeutischen Behandlung findet eine Befundung und Diagnostik durch den Therapeuten statt. Auf dieser Grundlage wird die Therapie geplant. Dabei stehen beispielsweise folgende Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung:

  • Krankengymnastik, zum Beispiel zur Mobilisation der Gelenke, Dehnung und Kräftigung der Muskulatur sowie zur Haltungskorrektur
  • Gerätegestützte Krankengymnastik (KG-Gerät), zum Beispiel zur Kräftigung der Muskulatur
  • Manuelle Therapie, zum Beispiel Muskel- und Gelenktechniken
  • Wärmetherapie
Weiterführende Informationen u. a. zu Kopf- und Nackenbeschwerden finden Sie hier.

Geschenkideen für den Rücken

Weihnachten: das Fest der Fürsorge. Doch wie können wir unseren Herzensmenschen Gutes tun, wenn sie schon alles haben? Verschenken Sie einfach Wohlbefinden für den verspannten Rücken. So wird das Fest der Liebe zu einem Fest für die Gesundheit, mit guten Vorsätzen für das neue Jahr. Garantiert rückenfreundliche Geschenkideen, die nach medizinischer Prüfung mit dem Gütesiegel der Aktion Gesunder Rücken e. V. ausgezeichnet wurden, finden Sie auf www.agr-ev.de.

Ob im Büro, im Auto, in der Schule oder auf dem Sofa – die Deutschen sitzen besorgniserregend viel und immer länger, im Durchschnitt fast 10 Stunden am Tag. Was liegt also näher, als die Gesundheit und die guten Vorsätze der Menschen, die uns am Herzen liegen, mit einem rückenfreundlichen Weihnachtsgeschenk zu unterstützen? „Ein Ausgleich des vielen Sitzens durch Bewegung und Muskeltraining beugt Folgeerkrankungen vor, reduziert das Sterberisiko und ist ein wichtiger Schutzfaktor gegen Pflegebedürftigkeit im Alter“, betont Detlef Detjen, Geschäftsführer der Aktion Gesunder Rücken e. V.

Der Verein fördert seit fast 30 Jahren die Rückengesundheit und zertifiziert nach Prüfung durch eine unabhängige Fachkommission besonders rückenfreundliche Produkte mit dem AGR-Gütesiegel.

Diese drei Geschenkideen für jedes Budget und Alter stärken den Rücken, sorgen für Bewegung, lösen Verspannungen und sind dank AGR-Gütesiegel garantiert rückenfreundlich:

1. Vibrationsrollen: entspannt ins neue Jahr

Faszientraining liegt im Trend – es dient der Selbstmassage, löst Verklebungen und Verspannungen, fördert den Stoffwechsel im Bindegewebe und hilft bei Rückenschmerzen, steifen Gelenken oder chronischen Verspannungen. Der Markt bietet hierzu Faszienrollen in allen erdenklichen Farben, Formen und Größen. Eher unbekannt sind hingegen vibrierende Faszienrollen, die Muskeln und Nerven großräumig stimulieren und die durchblutungsfördernde und schmerzlindernde Wirkung durch Schwingungen zusätzlich intensivieren. Ein weiterer Vorteil: Die Übungen lassen sich praktisch überall durchführen, im Sitzen, im Stehen, Knien und Liegen. Schon dreimal fünf Minuten am Tag genügen laut Experten für einen nachweislichen Erfolg. www.agr-ev.de/vibrationsrollen

2. Schwingstäbe: effektives Muskeltraining im Wohnzimmer

Kleines Trainingsgerät, große Wirkung: Besonders effektiv zur gelenkschonenden Stärkung des gesamten Rumpfes und der Beine, des Schultergürtels und der Arme ist ein hochelastischer, flexibler Schwingstab, an dessen Enden Gewichte befestigt sind. Der Körper gleicht die Schwingungen durch ein koordiniertes Zusammenspiel der tief liegenden Muskeln aus. Speziell entwickelte Übungen verbessern die Koordination und stärken die Rumpfmuskulatur bis in die tiefen Schichten, stabilisieren in kurzer Zeit die Wirbelsäule und verbessern die Haltung von Kindern und Erwachsenen. Trainingsempfehlung: dreimal pro Woche, 10-15 Minuten. www.agr-ev.de/schwingstab

3. Gymnastikmatten: schonend, effizient und sicher trainieren

Als sprichwörtliche Grundlage für ein rückenfreundliches Training ist die Bedeutung einer qualitativ hochwertigen Gymnastikmatte nicht zu unterschätzen: Sie schont Sehnen und Muskeln, bietet Komfort und schützt vor Verletzungen. Doch längst nicht alle Unterlagen sind geeignet. Die Matte sollte gut dämpfend, isolierend und belastungsfähig sein, außerdem vielseitig einsetzbar, langlebig, leicht zu reinigen und hautfreundlich. www.agr-ev.de/gymnastikmatten

Blick auf Menschen mit kommunikativen Beeinträchtigungen

Ergotherapeut:innen nutzen KONTakt, um bei Menschen mit sprachlichen Einschränkungen Missverständnisse zu vermeiden und die Inklusion zu fördern Neurologische Erkrankungen, Unfälle, Sauerstoffmangel bei der Geburt oder eine angeborene Gehörlosigkeit können sprachliche und kommunikative Beeinträchtigungen verursachen. „Es ist durch Studien belegt, dass Menschen mit sprachlichen Beeinträchtigungen nachweislich häufiger von Fehlbehandlungen und anderen, vermeidbaren Schwierigkeiten betroffen sind als Menschen, die sich klar artikulieren können“, verdeutlicht Professorin Hilke Hansen die schwerwiegenden Folgen einer mangelnden Kommunikation zwischen Menschen mit kommunikativen Beeinträchtigungen und Ärzt:innen, Therapeut:innen, Pflegenden und anderen Personen. Gemeinsam mit angehenden Ergotherapeut:innen, weiteren Studierenden und Betroffenen hat die Logopädin das Programm KONTakt ausgearbeitet. Dank einer Förderung durch das niedersächsische Wissenschaftsministerium für innovative Lehre entstand ein open-source Instrument mit Informationen und Materialien wie Lernvideos, die frei zugänglich sind.

Die Zahl der Betroffenen in Deutschland ist nicht bekannt; Rückschlüsse aus Erhebungen anderer Länder wie Australien und Finnland legen nahe, dass in Deutschland zwischen einer und vier Millionen Menschen mit kommunikativen Beeinträchtigungen leben. „Das sind wirklich viele Menschen, von denen wir hier sprechen“, betont Hilke Hansen und ergänzt: „Es kann jeden treffen, beispielsweise nach einem Schlaganfall, mit Parkinson, ALS oder auch durch einen Unfall mit Schädelhirntrauma“. Anna Beck, eine der betroffenen Mitwirkenden bei KONTakt, wünscht sich auch daher mehr Verständnis für ihre Situation: „Ich möchte so behandelt werden, wie es sich jede und jeder für sich selbst wünscht, sollte er oder sie jemals die Fähigkeit zum Sprechen oder zur Sprache verlieren; und das kann leichter passieren, als man denkt“.

Das nagt am Selbstbewusstsein von Menschen mit kommunikativen Beeinträchtigungen Es ist bislang üblich, dass Menschen mit kommunikativen Beeinträchtigungen oft gebeten werden, mit einer Begleitperson in die Arztpraxis, die Therapie und zu anderen Terminen zu kommen. „Dort wird meist über meinen Kopf hinweg nur mit der Begleitperson gesprochen, ich bin anwesend und doch unsichtbar, es kommt zu Missverständnissen, weil ich nicht für mich selbst stehen darf und alles unter Zeitdruck besprochen wird“, legt Anna Beck dar, wie verunsichert und machtlos sie sich in solchen Momenten fühlt. Hinzu kommt, dass auch die Begleitperson – oft sind es Angehörige – gar nicht angemessen vermitteln kann, welche Art von Beschwerden, Schmerzen oder sonstigen Anliegen der Mensch mit einer kommunikativen Beeinträchtigung hat. Niemand kann in einen anderen hineinfühlen, hineinhören. Ganz zu schweigen von dem Frust und der Traurigkeit, die es auslöst, wird über einen hinweg entschieden, ohne sich (verbal) zur Wehr setzen zu können. Wenn beide Seiten es wollen, so die Erfahrung von Menschen mit einer kommunikativen Beeinträchtigung, kann es sehr wohl gelingen, miteinander zu kommunizieren. Und da ist jedes zusätzliche Mittel geeignet: Schreiben, Bildtafeln, Gestik, Mimik und die gesamte Bandbreite der nonverbalen Kommunikation können helfen, sich deutlicher zu verständigen.

Fragen, fragen, fragen: so führt ein Gespräch mit Menschen mit kommunikativen Beeinträchtigungen zum Ziel Dem wollte die Dozentin Hilke Hansen gemeinsam mit den Studierenden eines additiven Studiengangs aus Ergotherapeut:innen, Physiotherapeut:innen und Logopäd:innen etwas entgegensetzen: Sie haben gemeinsam mit Betroffenen das Trainingsprogramm KONTakt erarbeitet. Der Name KONTakt ist ein Akronym, also das Kürzel für die fünf Bausteine des Programms und in diesem Fall funktioniert der Name sogar als Eselsbrücke. „Maßgeblich ist, wie schon gesagt, dass beide Seiten die Kommunikation auf direktem Weg, also ohne das Zwischenschalten einer weiteren Person, wollen“, bestätigen Beck und Hansen, dass die eigene Haltung und Einstellung darüber entscheiden, wie das Miteinander verläuft. Der erste Baustein von KONTakt, „K“, steht für „Kennenlernen“. Das bedeutet, sich Gedanken zu machen, welche Auswirkungen die Erkrankung auf die Kommunikation des betroffenen Menschen hat. Versteht die Person alles, was ich sage? Falls ja, ist es selbstverständlich und respektvoll, genauso zu sprechen wie immer. Ist hingegen das Verständnis oder das Hören beeinträchtigt, hilft es, langsamer oder in leichter Sprache zu kommunizieren. Auch wichtig: Benutzt der Mensch mit kommunikativen Beeinträchtigungen Hilfsmittel? „Ein adäquater Ansatz ist generell, den- oder diejenige selbst zu fragen“, empfiehlt Hilke Hansen, diesen Aspekt des klientenzentrierten Arbeitens von Ergotherapeut:innen zu übernehmen. Fragen wie „Ist es möglich, dass...“ oder „Wie passt es für Sie“ schaffen gute Voraussetzungen, um die individuellen Bedürfnisse und Wünsche Betroffener zu erfahren und zu beherzigen und auch dadurch eine gute Kommunikation zu unterstützen. Anna Beck bestätigt das: „Wenn mein Gegenüber mich nicht versteht, nicht nachfragt, sondern sogar denkt, ich sei kognitiv beeinträchtigt, weil ich eine kommunikative Beeinträchtigung habe, habe ich gleich zwei Probleme: ich muss mich noch mehr bemühen, gut zu artikulieren und außerdem muss ich beweisen, dass ich nicht geistig eingeschränkt bin“. Hansen bescheinigt das: „Es ist weit verbreitet, sprachliche Handicaps mit verminderten kognitiven Fähigkeiten gleichzusetzen. Das stimmt jedoch in den wenigsten Fällen und wer das tut, kränkt diese Menschen, tut ihnen unrecht“.

Menschen mit kommunikativen Beeinträchtigungen im eigenen Tempo und ausreden lassen Der zweite Baustein, „O“, geht auf die Optionen der Kommunikation wie Hilfsmittel & Co. ein. „N“ bedeutet: Nachhaken, ob das Gegenüber alles verstanden hat, zusammenfassen, was man selbst verstanden hat, und – das Wichtigste: ehrlich zu sein, zu sagen, wenn etwas nicht verstanden wurde, wiederholen lassen und sich die Zeit nehmen, um einen Konsens zu erzielen. Die eigene Unsicherheit hat hier nichts verloren. Was auf den ersten Blick „teuer“ im Sinne von Zeitaufwand und Kosten verursachend erscheinen mag, ist es jedoch nicht. Denn rechnet man in die Zukunft, kommen Behandlungsfehler, die aus misslungener Kommunikation resultieren, die Versorgungsträger und letztendlich die Gesellschaft und jeden Einzelnen teurer zu stehen. Ganz abgesehen von den vermeidbaren, dadurch zusätzlich entstehenden körperlichen und seelischen Problemen und Gefühlsverletzungen, die Menschen mit kommunikativen Beeinträchtigungen dadurch zugefügt werden. Diesen Aspekt beleuchtet im Übrigen der letzte Teil des Programms, „Takt“. Takt hat mehrere Bedeutungen, außer um Tempo und Rhythmus geht es hier auch „Taktgefühl“. Respekt und einfühlsames Verhalten sollten die Grundeinstellung derjenigen sein, die das Programm in ihren Arbeits- und hoffentlich auch privaten Alltag integrieren.

Evaluation, Seminare und Materialien für eine bessere Kommunikation Eine Evaluation, also Auswertung, hat unter anderem gezeigt, wie KONTakt die Arbeit von Ergotherapeut:innen verändert. Es gibt unter anderem Aussagen zum Selbstwirksamkeitsgefühl bei den behandelnden Ergotherapeut:innen: Einer solchen Aufgabe gewachsen zu sein und mit Menschen mit sprachlichen Beeinträchtigungen tatsächlich viel zielgerichteter und erfolgreicher arbeiten zu können, stärkt das Selbstwirksamkeitsgefühl. „Die Rückmeldungen waren eindeutig: Je besser der Austausch gelingt, desto mehr öffnen sich die Betroffenen, desto besser sind der Therapieerfolg und damit die eigene Arbeit“, fasst Hilke Hansen zusammen. Die Zufriedenheit von Ergotherapeut:innen und Klient:innen spornt sie weiter an: Sie plant derzeit ein Seminar mit Anna Beck als Co-Referentin; weitere Ideen sind gerade am Entstehen, um das Programm KONTakt weiter zu verbreiten.

09.12.2024 DGA | Quelle: Deutscher Verband Ergotherapie e.V.



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